Am Ende eines Sternenlebens

Bei einem Blick zum nächtlichen Sternenhimmel sehen wir heute immer noch die gleichen Sterne wie jene Menschen, die vor vielen Tausend Jahren erste Sternbilder festlegten. Die Lebensspanne eines Menschen reicht nicht aus, um Veränderungen im kosmischen Maßstab wahrnehmen zu können. Wer aber annimmt, die Sterne würden ewig leuchten, täuscht sich. Bei einem der hellsten seiner Art ist bald der Ofen aus.

Eigentlich gehört er zu den 10 hellsten Sternen des Nachthimmels: Beteigeuze. Der orangerote Stern im bekannten Sternbild Orion ziert eigentlich die „Schulter“ des Himmelsjägers. In den vergangenen Monaten schwächelt er jedoch und zählt aktuell nicht mehr zu den „Top Ten“ unter den Sternen. Beteigeuze ist bald am Ende seines Sternenlebens angekommen. Er gehört nämlich zur Sternenkategorie der roten Riesen, und zählt selbst in dieser Kategorie zu den ganz Großen. Aber was genau gerade mit ihm passiert, ist auch Forschern nicht ganz klar.

Ein Foto von Beteigeuze im Halbmeterteleskop der vhs-Sternwarte Neumünster. Foto: Marco Ludwig

Sterne wie Beteigeuze oder auch unsere Sonne entstehen über einen Zeitraum von vielen Millionen Jahren hinweg aus unvorstellbar großen galaktischen Gas- und Staubwolken. Staubmassen fallen im Laufe der Zeit unter ihrer eigenen Schwerkraft zusammen und bilden riesige Gas- und Staubkugeln. Im Zentrum steigt durch immer größeren Druck auch die Temperatur. Sobald rund 10 Millionen Grad erreicht sind, zündet die Kernfusion, und ein Stern ist geboren. Der Stern verschmilzt Wasserstoff zu Helium, wobei viel Energie übrig bleibt, die u.a. in Form von Licht abgegeben wird. Mit Glück leuchtet er dann einige Milliarden Jahre, wie z.B. unsere Sonne.

Ist ein Stern am Ende seines Lebens angekommen, hat er kaum noch „Brennstoff“ zur Aufrechterhaltung der Kernfusion. Er wird heißer und bläht sich auf. Wenn die Sonne in rund drei Milliarden Jahren mit diesem Prozess beginnt, könnte sie sich bis zur Erdbahn ausdehnen und einen Durchmesser von rund 300 Millionen Kilometern erreichen.

Beteigeuze dagegen ist schon am Ende, und seine Masse ist rund 20 Mal größer als die Masse unserer Sonne. Würde man Beteigeuze an die Stelle der Sonne in unser Sonnensystem setzen, wäre die Erde schon längst verschwunden. Der Stern hätte sich bis zur Umlaufbahn des Planeten Jupiter ausgebreitet. Sein Durchmesser beträgt aktuell etwa 1,5 Milliarden Kilometer. Er gehört damit zu den größten bekannten Sternen.

Da er in den vergangenen Monaten so viel Helligkeit eingebüßt hat, machen sich die Astronomen Sorgen. Zwar sind Helligkeitsschwankungen bei solchen Sternen normal, im Fall von Beteigeuze könnte dieser starke Helligkeitsabfall aber auch auf sein baldiges Ende hindeuten. Wenn ein Stern dieser Größe „stirbt“, geht das mit einem spektakulären Schauspiel zu Ende. Der Stern stürzt innerhalb weniger Sekunden in sich zusammen und kollabiert. Anschließend zerreißt es ihn in einer gigantischen Explosion, wobei man von einer Supernova spricht.

Die letzte spektakuläre Supernova in unserer Galaxis wurde vor rund 1000 Jahren beobachtet. Der explodierende Stern war sogar am Taghimmel sichtbar, obwohl er rund 7000 Lichtjahre von der Erde entfernt war. Beteigeuze dagegen scheint nur rund 600 Lichtjahre entfernt zu sein. Wenn wir tatsächlich in nächster Zeit seine Supernova erleben sollten, hätte diese schon vor rund 600 Jahren stattgefunden, da sein Licht so lange durch das Weltall reisen musste. Spektakulär würde diese Supernova trotzdem sein. Beteigeuze würde wohl für mehrere Wochen die Nacht zum Tag machen. Die Explosion wäre mit Sicherheit auch am Tag deutlich zu sehen, und die Forscher könnten rund um die Uhr spektakuläre Vorgänge beobachten. Der Orion hätte dann jedoch seinen bekannten Schulterstern und einen der schönsten Sterne des Nachthimmels endgültig verloren.

  Autor und Foto: Marco Ludwig, Leiter der vhs-Sternwarte Neumünster

Astrofoto des Monats März 2019

Supernova – Wenn ein Stern explodiert

Über den Begriff „Supernova“ sind sicherlich viele Menschen schon gestolpert und haben sich gefragt, was eigentlich dahinter steckt. Tatsächlich handelt es sich um unfassbar extreme physikalische Vorgänge. Bei einer Supernova geht es um das spektakuläre Sterben eines Sterns, der von einer gigantischen Explosion förmlich zerfetzt wird. Das Ergebnis ist auf dem aktuellen Astronomiefoto des Monats zu sehen. Es zeigt den Krebsnebel M1, der auch mit kleineren Fernrohren im Sternbild Stier zu finden ist.

Das Bild wurde im Hauptfernrohr der vhs-Sternwarte Neumünster aufgenommen. Dieses hat einen Objektivdurchmesser von fast einem halben Meter und eine Brennweite von ca. 2000mm. Derzeit ist es das größte Sternwartenteleskop in Schleswig-Holstein, und es ermöglicht den Neumünsteraner Hobby-Astronomen, auch weit entfernte Objekte in beeindruckender Schärfe zu beobachten. Der hier abgelichtete Krebsnebel befindet sich rund 6300 Lichtjahre von unserem Heimatstern, der Sonne, entfernt. In der heutigen Zeit weiß man, dass es sich um den Überrest einer riesigen Sternexplosion handelt, die chinesische Astronomen im Jahr 1054 beobachteten. Damals leuchtete an genau der Stelle, an der wir heute den Krebsnebel finden, ein „neuer“ und extrem heller Stern auf. Dieser soll sogar am Tage zu sehen gewesen sein. Heute wissen Astronomen: Es war eine Supernova.

Um jedoch zu verstehen, was bei einer Supernova passiert, müssen wir zunächst einmal verstehen, wie ein Stern funktioniert. Sterne bestehen grundsätzlich aus riesigen Mengen von Wasserstoff und Helium. Die Masse dieser Materie erzeugt eine extreme Schwerkraft (Gravitation), die mit enormem Druck auf das Zentrum des Sterns einwirkt. Dadurch entstehen im Kern des Sterns unfassbar hohe Temperaturen von über 10 Millionen Grad. Bei so hohen Temperaturen beginnt die Kernfusion. Das bedeutet, dass Wasserstoff zu Helium wird, wobei enorme Mengen an Energie freigesetzt werden. Diese Energie bringt einen Stern zum Leuchten. So sorgt unser Heimatstern namens Sonne zum Beispiel für Licht und Wärme auf der Erde. Gleichzeitig verursacht die Kernfusion aber auch einen extremen Strahlungsdruck, der im Inneren eines Sterns der enormen Schwerkraft der äußeren Bereiche des Sterns entgegenwirkt.

Sterne, die als Supernova enden, sind deutlich größer und massereicher ist als unsere Sonne. Schon diese ist ungefähr 300 000 Mal so schwer wie unsere Erde. Im Universum gibt es aber zahlreiche Riesensterne mit einem Vielfachen der Sonnenmasse. Diese verbrauchen ihren Brennstoff sehr viel schneller und es gilt: Je schwerer ein Stern ist, desto kürzer ist seine Lebenserwartung. Wenn nun so ein großer Stern schon nach einigen Millionen aktiven Jahren seinen Brennstoff verbraucht hat, gerät die Kernfusion ins Stocken. Neben Helium werden zwischenzeitlich auch andere Elemente, wie z.B. Sauerstoff oder Eisen, erzeugt. Am Ende kann der Stern durch Fusion aber keine Energie mehr erzeugen, und die Fusion stoppt. Der innere Strahlungsdruck fehlt, und die enorme Schwerkraft des Sterns sorgt dafür, dass er unter seiner eigenen Masse zusammenbricht. Die Supernova beginnt.

Die zusammenstürzenden Massen des Sterns werden zusammengepresst, und dabei entstehen zahlreiche Elemente, die schwerer sind als Eisen. Unter anderem wird bei diesem Prozess auch Gold erzeugt. Wenn sich die Materie jedoch nicht weiter komprimieren lässt, rast eine Schockwelle durch den Stern und schleudert einen Großteil des Sternmaterials mit ungeheurer Wucht zurück ins Weltall. Im Zentrum bleibt ein wenige Kilometer großes Materiepaket zurück, das Astronomen als Neutronenstern bezeichnen. Rund um diese Sternenleiche dehnt sich nun eine riesige Materiewolke mit rasender Geschwindigkeit im Weltall aus, genau so, wie bei unserem Krebsnebel im Sternbild Stier.

Auf der Erde müssen wir uns deshalb aber keine Sorgen machen. Unsere Sonne ist zu klein, um irgendwann einmal zur Supernova zu werden, und auch in der Nähe der Sonne existiert kein Stern, dem so etwas passieren könnte. Im Sternbild Orion gibt es jedoch den hellen Stern Beteigeuze. Er nähert sich dem Ende seines Lebens und gilt als heißer Kandidat für eine Supernova. Vielleicht können wir bei ihm irgendwann ebenso spektakuläre Beobachtungen machen, wie die chinesischen Astronomen im Jahr 1054.

 

Bild und Text: Marco Ludwig, Leiter der vhs-Sternwarte Neumünster

Supernova in M82

Sterne entstehen und vergehen und außergewöhnlich große Sterne leisten sich einen geradezu infernalen Abgang. So geschehen vor ca. 11,5 Millionen Jahren in der Galaxie Messier 82. Dort hatte ein massereicher Stern seinen Brennstoff aufgebraucht und war in einer gigantischen Explosion zerrissen worden. Bei einer solchen Supernova werden unvorstellbare Energien freigesetzt, die für ein extremes Aufleuchten des sterbenden Sterns sorgen.

Die Supernova in M82 aufgenommen im Neumünsteraner DINO am 24.01.2014

Animation der Galaxie M82 mit und ohne Supernova – Fotograf: Sascha Böse

Das Licht dieser Supernova in M82 hat nun, ca. 11,5 Millionen Jahre nach dem Sternentod, unsere Erde erreicht. Wir können nun für einige Wochen einen „neuen“ Stern in dieser Galaxie beobachten. Nach und nach wird dieser jedoch immer schwächer werden und für irdische Fernrohre unsichtbar sein. Wenn wir momentan also unsere Fernrohre auf M82 richten werden wir Zeuge eines dramatischen Ereignisses, das stattfand bevor es Menschen auf unserem Planeten gab. Viel Spaß beim hinschauen.

Die Galaxien M81 und M82 (mit Supernova) aufgenommen von Stefan Bruns

Wenn ein Stern stirbt…

Vor fast 1000 Jahren beobachteten chinesische Astronomen im Sternbild Stier einen neuen Stern, der sogar über mehrere Wochen am Taghimmel sichtbar war. Bei diesem Stern handelte es sich jedoch in Wirklichkeit gar nicht um einen neuen Stern, sondern vielmehr um einen riesigen alten Stern, der in einer gigantischen Supernova-Explosion sein Leben aushauchte.

Wenn Astronomen heute ihr Fernrohr auf besagte Stelle im Sternbild Stier ausrichten, finden sie dort ein kleines nebelartiges Objekt, einen planetarischen Nebel, der mit Planeten jedoch absolut nichts zu tun hat. Es sind die Überreste des Sterns, die sich jetzt immer noch mit einer Geschwindigkeit von ca. 1500 km pro Sekunde ausdehnen.

Diese Aufnahme des Krebsnebels M1 wurde am DINO (Deepsky Instrument of Neumünster Observatory) aufgenommen. 139 Einzelaufnahmen wurden dafür zu einem Summenbild verarbeitet. Es ergibt sich eine Gesamtbelcihtungszeit von 65 Minuten. Diese Qualität war nur durch die Leihgabe einer speziellen Kamera mit astronomischen Filtern möglich. Fotografen: Marco Ludwig, Andreas Rex, Katharina Behrendt

Im Zentrum des Nebels findet sich heute ein kleiner Neutronenstern. Diese „Sternleiche“ von der Größe Neumünsters rotiert tatsächlich ca. 30 Mal pro Sekunde um die eigene Achse. Dieser Neutronenstern besteht aus hochkomprimiertem Material und ist, trotz seiner geringen Größe, über 300 Mal so schwer wie unsere Erde. Ein Fingerhut voll mit diesem Material würde mehrere 1000 Tonnen wiegen.

Übrigens: Als die chinesischen (und wohl auch andere) Astronomen diese Supernova sahen, war der Stern bereits über 5000 Jahre „tot“. Heute ist bekannt, dass er ca. 6300 Lichtjahre von uns entfernt ist.