Einnorden mit Excel

Einnordung einer Montierung nach Strichspuraufnahmen
– Auswertung mit einem Tabellenkalkulationsprogramm –

(Die Lüthen-Kahlhöfer-Methode)

 

Jürgen Kahlhöfer
Sternwarte der Volkshochschule Neumünster

Einleitung

Die Methode der Einnordung einer parallaktischen Teleskopmontierung nach Strichspuraufnahmen, die mit Drehung der Kamera aufgenommen wurden, wurde von Hartwig Lüthen beschrieben. [1] Dabei wird die Lage des Drehzentrums (Stundenachse  der Montierung) auf der Strichspuraufnahme mit der Lage des Himmelspols verglichen und daraus die Abweichung der Achse vom Pol bestimmt.

Zu dieser Methode wird hier ein Verfahren zur mathematischen Auswertung mit einem Tabellenkalkulationsprogramm vorgestellt. Die Anwendung ist einfach. Es müssen nur die Koordinaten von drei Sternen jeweils an beiden Enden der Strichspur auf der Aufnahme ausgemessen und in die Tabelle eingetragen werden. Dazu noch die Rektaszension und Deklination der Sterne, der Zeitpunkt der Aufnahme und die Koordinaten des Beobachtungsortes. Das Programm berechnet dann sofort die erforderliche Korrektur der Nordrichtung und der Polhöhe. Diese Werte können noch in die Anzahl der erforderlichen Umdrehungen der Stellschrauben umgerechnet werden.

 

Vorzüge dieser Methode

Die Methode ist quantitativ und genau. Man erhält nicht nur die Richtung, sondern auch den Betrag der erforderlichen Korrekturen, so dass man schnell zu einer „Punktlandung“ kommen kann. In der Berechnung ist eine Genauigkeit von etwa 1 Winkelminute erreichbar.

Die Methode ist auch am Südhimmel anwendbar. Entsprechende Vorzeichenänderungen sind in der Kalkulationstabelle berücksichtigt. Der Einfluss der atmosphärischen Refraktion auf die scheinbare Polhöhe wird näherungsweise herausgerechnet. Dieser ist zwar in Norddeutschland unbedeutend, sollte aber bei geringeren geographischen Breiten (z. B. in Namibia) nicht vernachlässigt werden.

Die Methode ist sicher. Wenn die eingegebenen Koordinaten nicht zusammen passen, erhält man eine Fehlerwarnung. Bei der Wahl des X-Y-Koordinatensystems auf der Aufnahme kann man nichts falsch machen.

 

Erforderliche Software

Ein Tabellenkalkulationsprogramm (z. B. Excel oder Open Office) ist unbedingt erforderlich. Ein Planetariumsprogramm (z. B. Stellarium) hilft bei der Identifizierung der Sterne und dient als Fundgrube für aktuelle Rektaszensions- und Deklinationswerte. Ein Bildbearbeitungsprogramm (z. B. Fitswork oder Photoshop Elements), mit dem auch die Koordinaten von Bildpunkten ausgemessen werden können, ist empfehlenswert.

 

Aufnahmetechnik

Eine digitale Kamera mit Normalobjektiv oder kurzem Teleobjektiv wird vorne am Teleskop-Tubus oder direkt an der Montierung sicher befestigt und auf den Himmelspol gerichtet. Es empfiehlt sich, zuerst eine statische Aufnahme zu machen. (Belichtung z. B. 15s bei Bl. 4 und ISO 1600.) Damit ist es leichter, die Sterne zu identifizieren. Anschließend wird die Strichspuraufnahme mit Drehung der Kamera gemacht. Belichtungszeit auf B (Bulb) einstellen. Anfang und Ende der Strichspuren werden mit ein paar Sekunden statischer Belichtung deutlich markiert. Also: Belichtung beginnen, ein paar Sekunden warten, dann mit der Drehung um die Stundenachse der Montierung beginnen, einmal langsam um mindestens 30° drehen, (nicht hin und her drehen), die Drehung beenden und noch ein paar Sekunden weiter belichten. (Anstatt einer Strichspuraufnahme können auch zwei statische Aufnahmen verwendet werden. Nachteil bei 2 statischen Aufnahmen: Falls die Kamerahalterung zwischen den Aufnahmen verstellt wurde, hat man einen versteckten Fehler.)

 

Auswertung

Für die Auswertung brauchen wir die Koordinaten von drei Sternen auf der Aufnahme jeweils an beiden Enden der Strichspur, dazu die Rektaszension und die Deklination der drei Sterne. Außerdem brauchen wir die Koordinaten des Beobachtungsortes und den Zeitpunkt der Aufnahme.

Für die Berechnung wurde eine Kalkulationstabelle im Programm „Open Office“ angelegt und ins Excel-Format konvertiert. Die Mathematik soll hier nur kurz angerissen werden. Wir stellen uns ein rechtwinkliges X-Y-Koordinatensystem am Himmel vor, Koordinatenursprung ist der Himmelspol. Die Position der drei Sterne in diesem Koordinatensystem wird aus ihrer Deklination und ihrem aktuellen Stundenwinkel berechnet.

Ein zweites X-Y-Koordinatensystem denken wir uns auf die Aufnahme gelegt. Die Orientierung des Bildes, die Lage des Koordinatenursprungs und die Maßeinheit sind beliebig. Nachdem die Koordinaten der drei Sterne hierauf ausgemessen wurden, wird für jeden Stern die Position auf der Mitte der Bogensehne berechnet. Die Position des Drehzentrums wird aus den Schnittpunkten der drei Mittelsenkrechten der Sehnen ermittelt.

Das Sterndreieck am Himmel ist mit dem Himmelspol verbunden, das Sterndreieck auf dem Bild mit dessen Drehzentrum. Nun wird durch eine Koordinatentransformation das Sterndreieck auf dem Bild quasi mit dem Sterndreieck am Himmel überlagert. Daraus ergibt sich die Abweichung des Drehzentrums vom Pol. Diese wird noch in die erforderlichen Korrekturen des Azimuts und der Polhöhe umgerechnet. Eine Kontrolle der Ähnlichkeit der beiden Dreiecke offenbart ggf. Fehler der eingegebenen Koordinaten. Dann erscheint eine Warnung.

 

Die Kalkulationstabelle und eine ausführliche Anleitung ist zum kostenlosen Download auf der Webseite der Sternwarte der VHS Neumünster erhältlich.

www.sternwarte-nms.de       Menu: Infos/Datenschutz  /  Downloads

 

Literatur:

[1] H. Lüthen: Scheinern war gestern. Sternkieker 43: 109-110, (2006)

(Vereins-Zeitschrift der GvA Hamburg)

 

Eine Vorläufer-Version des hier vorliegenden Textes wurde veröffentlicht in

VdS Journal für Astronomie Nr. 43, S. 114, (2012)