Sternschnuppe mit Knalleffekt

Am vergangenen Donnerstag wurden Hunderttausende Menschen in Norddeutschland Augen- und Ohrenzeugen eines seltenen kosmischen Ereignisses. Kurz vor 15 Uhr am 12. September war ein kleiner Asteroid auf die Erde gestürzt. Er verursachte einen extrem lauten Knall, der vielerorts für Irritationen und sogar Feuerwehreinsätze sorgte.

Wenige Stunden nach dieser kosmischen Kollision veröffentlichte die europäische Weltraumagentur ESA eine kurze Stellungnahme. Sie stellte offiziell fest, dass über Norddeutschland ein Meteor aufgetaucht war, der nicht nur vielerorts zu sehen, sondern vor allem zu hören war. Für viele Menschen war dies offenbar eine beängstigende Erfahrung, denn Warnungen vor einem abstürzenden Meteoriten gab es keine. Tatsächlich gibt es auch keine weltweiten Warnsysteme, die uns rechtzeitig auf solche kosmischen Kollisionen hinweisen könnten. Der kleine Asteroid, der an diesem Tag auf die Erde fiel, war beim Eintritt in die Erdatmosphäre ca. 0,5 bis 2 Meter groß. Solche Objekte können mit heutigen Fernrohren nicht rechtzeitig beobachtet werden, um eine Warnung abzugeben.

Eine helle Sternschnuppe, wie auf diesem Bild aus dem Jahr 2016 zu sehen, wird auch als Meteor, Feuerkugel oder Bolide bezeichnet. Am 12. September war ein extrem heller Meteor sogar am Tage zu sehen und sorgte über Norddeutschland für viel aufsehen. Foto: Uwe Freitag

Die amerikanische Weltraumbehörde NASA konnte inzwischen weitere Daten über den norddeutschen Meteor bekannt geben. So stürzte er mit einer Geschwindigkeit von ca. 18,5 Kilometern pro Sekunde auf die Erdatmosphäre. Das entspricht umgerechnet ca. 66 600 km/h. Zum Vergleich: Die Raumstation ISS bewegt sich mit rund 8 Kilometern pro Sekunde um die Erde und ist damit zwar noch erheblich schneller als eine Gewehrkugel, aber bei weitem nicht so schnell wie dieser Meteor.

Wenn ein solcher Meteor mit hoher Geschwindigkeit auf die Erdatmosphäre prallt, wird er durch die Luft rapide abgebremst. Durch die entstehende Reibung wird er extrem heiß und verglüht meist vollständig. Das Ursprungsobjekt einer sehr hellen Sternschnuppe, wie so eine Erscheinung auch genannt wird, ist oft nur wenige Zentimeter groß. Größere Meteore können jedoch explodieren, wenn die Gase innerhalb des Meteoritengesteins sich schlagartig ausdehnen. Welche Kraft hinter dieser kosmischen Kollision steckte, wurde den zahlreichen Ohrenzeugen durch den lauten Überschallknall deutlich. Die NASA beziffert die Einschlagsenergie dieses Meteors mit einer Sprengkraft von ca. 0,48 Kilotonnen (kt) TNT. Dementsprechend hätten rund 480 Tonnen des Sprengstoffs TNT die gleiche Sprengwirkung gehabt wie unser Meteor. Die Atombombe von Hiroshima hatte 1945 eine Kraft von 13kt TNT.

Der Überschallknall des Norddeutschen Meteors hatte offenbar zahlreiche Menschen verängstigt. So wurden vielerorts Polizei und Feuerwehr alarmiert. Verletzt wurde tatsächlich niemand. Im Jahr 2013 dagegen hatte ein Meteor über der russischen Großstadt Tscheljabinsk einen so gewaltigen Schalldruck erzeugt, dass fast in der ganzen Stadt Fensterscheiben zu Bruch gingen. Durch den ca. 30 bis 50 Meter großen Asteroiden kam niemand zu Schaden, durch umherfliegende Glassplitter gab es jedoch über 1000 verletzte Personen. In einem nahegelegenen See wurde später ein Meteorit mit einem halben Meter Durchmesser gefunden. In der ganzen Region waren jedoch auch Bruchstücke des außerirdischen Gesteins zu finden. Ein rund 5mm großes Bruchstück dieses spektakulären Meteors liegt auch in der vhs-Sternwarte Neumünster und erinnert an die mit über 440 kt größte Meteoritenexplosion der letzten Jahrzehnte.

Ob bei dem norddeutschen Meteor ebenfalls Reste auf die Erde gestürzt sind, ist jedoch unklar. Experten gehen davon aus, dass ein Meteoroid, der so tief in die Erdatmosphäre eintaucht, auch Bruchstücke auf der Erdoberfläche hinterlassen kann. Die Flugbahn weist darauf hin, dass er evtl. im nördlichen Schleswig-Holstein bzw. der dänischen Grenzregion abgestürzt sein könnte.  Sollte der Meteorit aufgefunden werden können, wäre es sicherlich ein spannendes Forschungsobjekt und vielleicht sogar ein tolles Ausstellungsstück für eine Sternwarte.

Wer sich jedoch nun Sorgen macht, dass uns der Himmel auf den Kopf fallen könnte, sei an dieser Stelle beruhigt. Im Schnitt wird die Erde ca. 1x pro Woche von einem fußballgroßen Asteroiden getroffen. Nur rund einmal im Monat regnet ein Objekt wie der Meteor vom 12. September auf die Erde nieder. Ein Asteroid, wie der über der russischen Stadt Tscheljabinsk, wird nur einmal pro Jahrhundert erwartet. Norddeutschland wird daher vermutlich in den nächsten Jahrzehnten nicht wieder von einem Naturschauspiel dieser Größe heimgesucht werden. Alle, die Ohrenzeugen dieses Meteoritenfalls waren, können nun jedoch behaupten, eine Sternschnuppe nicht nur gesehen sondern auch einmal gehört zu haben.

Autor: Marco Ludwig, Leiter der vhs-Sternwarte Neumünster

Foto: Uwe Freitag, Lübeck

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Quelle: NASA

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