Die klarsten Nächte seit Jahren

Mondsichel und Venus am 30. März 2020 mit dem Neumünsteraner Wasserturm: Fotograf: Marco Ludwig

Während die Corona-Pandemie etliche Freizeitunternehmungen fast unmöglich macht, erfreuen sich Astronomen in ganz Schleswig-Holstein an einem außergewöhnlich klaren Himmel. Das ist auch nicht zuletzt den Auswirkungen der Pandemie geschuldet, denn am Himmel über Schleswig-Holstein fliegen kaum noch Flugzeuge. Diese erzeugen oftmals Kondensstreifen, die sich im Laufe eines Tages zu einer dünnen Dunstschicht in der Hochatmosphäre ausbreiten. Dieser Dunst schluckt viel Sternenlicht und macht astronomische Beobachtungen schwieriger. Der Himmel ist daher momentan bei passendem Wetter besonders klar und sternenreich. Ein Glück für jene Astronomen, die beispielsweise eine Gartensternwarte ihr Eigen nennen dürfen.

Nachtschwärmern hat der Himmel aktuell auch noch viel zu bieten. Neben dem zunehmenden Mond erstrahlt in Westrichtung der extrem helle Planet Venus. Abends zieht auch die Internationale Raumstation ISS als heller Leuchtpunkt über den Himmel. Geübten Beobachtern fallen gelegentlich auch die neuen Starlink-Satelliten auf, die wir im Gänsemarsch mit bis zu 60 Leuchtpunkten in Folge über den Himmel ziehen sehen. Astronomen erwarten außerdem im Mai noch einen ganz besonderen Leckerbissen: Ein Komet könnte sogar mit bloßem Auge zu erkennen sein.

Venus im Teleskop im März 2020 aufgenommen in der Gartensternwarte in Wankendorf – Fotograf: Markus Bruhn

Der Star des Abends ist momentan unser Schwesterplanet Venus. Nach Sonne und Mond ist der „Abendstern“ das hellste natürliche Objekt am Himmel. In den vergangenen Wochen ist sie immer höher über den Westhorizont gestiegen und erstrahlt nun in größtem Glanz. In den kommenden Wochen wird sie dann langsam wieder am Horizont verschwinden. Im Fernglas ist die Venus derzeit sogar als Halbvenus zu erkennen. Genau wie beim Mond kann man bei ihr sog. Phasen wahrnehmen. In diesen Wochen sehen wir eine „Halbvenus“.

Ein besonderer Gast am Abendhimmel ist dieser Tage auch die Internationale Raumstation ISS. Mit einer Geschwindigkeit von rund 29 000 km/h (rund 8 Kilometer pro Sekunde) bewegt sie sich als hell leuchtender Punkt geräuschlos über den Himmel. Auf lang belichteten Sternenfotos ist sie dann als helle Leuchtspur zu erkennen. Astronomen können bei Fotografien am Fernrohr sogar Details der fußballfeldgroßen Raumstation sichtbar machen.

Ein anderer Hingucker sorgt bei vielen Beobachtern immer noch für Irritationen: Die Starlink-Satelliten. Das Weltraumunternehmen SpaceX des amerikanischen Milliardärs Elon Musk schickt derzeit alle paar Wochen eine Rakete mit 60 kühlschrankgroßen Satelliten in die erdnahe Umlaufbahn. Mit ihnen soll irgendwann weltweit kabelloser

Raumstation ISS am Himmel bei Wasbek im März 2020 – Fotografin: Katharina Behrendt

Internetzugang ermöglicht werden. Für einige Wochen erscheinen die künstlichen Himmelskörper wie an einer Perlenschnur aufgereiht am Himmel. Im Gänsemarsch ziehen sie dann an den natürlichen Sternen vorbei, bis sie im Schatten der Erde unsichtbar werden.

Weitere Informationen und Bilder zu Starlink finden Sie unter diesem Link.

Im Laufe einer klaren Nacht stürzen sich erfahrene Astronomen gerne auch auf weit entfernte Galaxien. Das Licht der Geschwister unserer Milchstraße reist oft über viele Millionen Jahre, bis es auf unserer Erde ankommt. Die Sternbilder Löwe und Jungfrau enthalten besonders viele dieser Sterneninseln. Sichtbar werden sie schon in einem guten Fernglas, ihre ganze Pracht enthüllen sie dem Beobachter aber in großen Teleskopen.

Galaxie M51 im Teleskop in der Gartensternwarte Westermoor – Fotograf: Stefan Bruns

Als echte Überraschung entpuppt sich momentan der Komet Atlas. Dieser Schweifstern befindet sich noch in großer Entfernung zur Sonne auf Höhe der Marsumlaufbahn. Trotzdem erscheint er überraschend hell und ist wider Erwarten in Amateurfernrohren gut zu erkennen. Da er sich auf seiner Umlaufbahn um die Sonne noch erheblich näher an unseren Heimatstern heranpirschen wird, erwartet man im Mai einen enormen Helligkeitsanstieg. So könnte er evtl. sogar mit bloßem Auge zu erkennen sein, was bei Kometen nur sehr selten gelingt.

So mag uns das Coronavirus momentan in vielen Lebensbereichen einschränken und vielleicht sogar ängstigen, aber die schwierige Lebenssituation bietet Naturfreunden auch besondere Möglichkeiten. Die Pracht des Sternenhimmels zu erleben, mag daher dem ein oder anderen durch diese schwierige Zeit helfen.

Startrails am Himmel bei Wasbek im März 2020 – Fotografin: Katharina Behrendt

Bildergalerie: Astrofotos im März/April 2020 von Mitgliedern der vhs-Sternwarte Neumünster