Astronomiefoto des Monats November: Unendliche Weiten

Der Leuchtturm Westerheversand ist weit über die Grenzen unseres schönen Bundeslandes bekannt. Täglich zieht er Touristen an die Nordseeküste, und als Fotomotiv ist er eines der beliebtesten Ziele im Norden. Unser aktuelles Astronomiefoto des Monats zeigt das berühmte Wahrzeichen jedoch einmal ganz anders.

Heiko Albrecht fotografierte am 29. Oktober die Milchstraße am Leuchtturm Westerheversand. Er verwendete eine Sony Alpha 7 mit einem 28mm Objektiv. Die Belichtungszeit betrug 10 Sekunden bei ISO 12800.

Bei Tag ist der Leuchtturm auf der Halbinsel Eiderstedt über viele Kilometer hinweg gut zu erkennen. Seine eigentliche Aufgabe erfüllt er allerdings bei Nacht. Sein Leuchtfeuer weist Schiffen den Weg und hilft bei der Navigation in der tückischen Nordsee. Über fast 40 Kilometer hinweg ist das Leuchtfeuer zu erkennen. Bei guter Sicht, heißt es, solle man das Lichtsignal sogar von Helgoland aus beobachten können.

Allerdings machen sich des Nachts kaum Besucher auf den Weg zum Leuchtturm Westerhever. Dabei lohnt sich auch so ein nächtlicher Besuch, wie dieses Bild unschwer zeigt. Zu erkennen ist hier nicht nur der Turm mit dem beeindruckenden Leuchtfeuer. Vielmehr ist es der prachtvolle Sternenhimmel, den ein Besucher bei Nacht bestaunen kann. Fernab der hell erleuchteten Städte hat man hier noch die Chance, einen fast ungestörten Blick auf unsere Milchstraße zu werfen.

Schon vor Jahrtausenden haben sich Menschen von der Schönheit des Sternenhimmels faszinieren lassen. Heute verhindern künstliche Lichtquellen wie Straßenlaternen, Lichtwerbung und Gebäudebeleuchtung vielerorts den Genuss dieses beindruckenden Naturwunders. An der Nordsee sind es, wenn man sich nicht gerade auf Sylt befindet, oft nur die Leuchttürme, die den Blick auf die Sterne trüben. In diesem Fall sind es rund 2000 Watt, die für eine sichere Navigation an diesem Küstenabschnitt sorgen.

Im Gegensatz zum Leuchtturm sind die Sterne auf diesem Bild unvorstellbar weit entfernt. Das heißt, ihr Licht musste Distanzen von Lichtjahren, also vielen Billionen Kilometern zurücklegen, um hier auf der Erde gesehen werden zu können. Manche der mit bloßem Auge sichtbaren Sterne sandten ihr Licht sogar vor über 2000 Jahren aus. Dabei erkennen wir mit bloßem Auge sogar nur einen kleinen Bruchteil aller Sterne unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße. In ihr wohnen zwischen 100 und 200 Milliarden Sterne ähnlich unserer Sonne. Und dabei ist nicht einmal sicher, dass alles, was wir gerade sehen, überhaupt noch existiert.

Durch die enormen Distanzen, die das Sternenlicht im Universum zurücklegt, sehen wir immer nur ein Abbild der Vergangenheit. Wenn wir z.B. einen Blick auf unseren Nachbarstern namens Sirius werfen, sehen wir Licht, das er vor knapp 10 Jahren ausgesendet hat. Bei einem anderen hellen Stern des Winterhimmels erreicht uns das Licht sogar aus über 500 Lichtjahren Entfernung: Beteigeuze ist der rötliche Schulterstern im bekannten Sternbild Orion. Er gilt als roter Überriese und wird in naher Zukunft sein Sternenleben beenden. Vielleicht hat er das aber auch schon getan. Falls der Stern vor 100 Jahren explodiert sein sollte, würden wir es erst in rund 400 Jahren sehen können. Genauso gut könnte die Supernovaexplosion des sterbenden Beteigeuze aber auch schon morgen von uns beobachtet werden.

Mit dem Blick aufs weite Meer lassen viele Menschen hierzulande gerne ihre Seele baumeln. Gerade an der Nordseeküsste erleben wir jedoch einen besonders dunklen Sternenhimmel. Fernab künstlicher Lichtquellen, von Leuchttürmen einmal abgesehen, erstrahlt unsere Milchstraße in ungeahnter Pracht. Die Nordsee ist also bestens geeignet für den Blick auf unendliche Weiten.

Autor: Marco Ludwig, Leiter der vhs-Sternwarte Neumünster

Foto: Heiko Albrecht